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Mit dem Zug von Trondheim nach Bodø

Nach unserer Schiffstour schlendern wir etwas planlos durch Trondheim. Es ist eine schöne Stadt aber da wir beide ziemlich fertig sind tauchen wir nicht richtig ein. Da der Bahnhof um 23 Uhr alles dicht macht (auch die Bahnsteige) wird aus unserem Plan die Nacht am Bahnhof zu verbringen nichts. Unser Zug fährt am nächsten Tag bereits um 7:00 Uhr und daher entscheiden wir uns, das erste mal auf dieser Reise Geld für die Übernachtung auszugeben. Wir buchen ein Zimmer im Hotel direkt neben dem Bahnhof. Das Bett ist so bequem dass wir schon nach kürzester Zeit einschlafen und selbst das Abendessen auslassen (was so gar nicht unser Style ist). 

Am nächsten Tag fühlen wir uns erholt und top fit - was so ein bequemes Bett und eine heiße Dusche alles bewirken können! Wir freuen uns schon riesig auf die Zugfahrt von Trondheim nach Bodø: ganze 10 Stunden fahrt liegen vor uns. Wir nutzen die Zeit um zu lesen, zu arbeiten und die vorbeiziehenden Landschaften zu genießen. Immer wenn wir einen Blick aus dem Fenster werfen bietet sich uns ein neues Bob Ross Painting an. Die norwegische Szenerie ist einfach fantastisch und unglaublich abwechslungsreich. Wir rollen am Meer und den Fjorden entlang, vorbei an Seen und Wäldern, fahren durch eine ockerfarbene Mondlandschaft über den Polarkreis und wieder zurück ins Grüne mit Schneebedeckten Berggipfeln und türkis-blauen Gewässern. Die visuelle Vielfalt wirkt geradezu hypnotisch auf uns. Die Idee des Nachtzuges zu verwerfen war eine unglaublich gute Entscheidung. Als wir in Bodø ankommen sind wir hin und weg vom cinematischen Erlebnis durch den Blick aus dem Zugfenster und können es kaum erwarten irgendwo unser Zelt aufzustellen. Allerdings ist schnell bemerkt, dass ohne einen fahrbaren Untersatz eine gute Stunde Fußmarsch auf uns wartet, bis wir irgendwo ein Camp errichten können. Also stellen wir uns am Bahnhof an die Straße und versuchen eine Mitfahrgelegenheit aus der Stadt heraus zu finden. Jostein hält an und bringt uns zu einer kleinen Halbinsel 7km vom Stadtzentrum entfernt. Hier hat man einen wunderbaren Blick auf die kleinen Inseln vor Bodø und da gutes Wetter ist sieht man sogar die Lofoten in der Ferne aufblitzen. Die Szenerie wirkt in ihrer Komposition so perfekt, sie könnte auf dem Grafiktablett eines Game-Designers entstanden sein (Far Cry!).

Zum Glück kommt schon wenig später Jostein mit seinen beiden Hunden vorbeigerauscht. Ein paar Sekunden später leuchten hoffnungsvoll die Bremslichter auf und sein Auto kommt zum stillstand! Er wohnt nur wenige Meter entfernt in einem Bootshaus am winzigen Hafenörtchen Løpshavn und ist super nett. Wir quatschen ein bisschen während sich der Himmel langsam violett färbt. Eigentlich wollten wir nur eine Nacht in Bodø bleiben und dann gleich weiter mit der Fähre auf die Lofoten. Da wir hier aber einen so traumhaften Platz ganz für uns alleine gefunden haben, entschließen wir uns spontan die nächsten 3 Tage hier zu bleiben. 

Bodø selbst ist keine besonders aufregende Stadt, ist aber ein toller Ausgangspunkt für Hikes in die Natur und um mit der Fähre auf die Lofoten zu kommen. Zudem hat die Stadt eine moderne Bibliothek mit  einem fantastischen Ausblick auf den Hafen. Die meiste Zeit verbringen wir aber auf unserer kleinen Insel. Das Wasser strahlt in jeglichen Blautönen und jeden Abend bietet sich uns ein Sonnenuntergang, der sich über 2 Stunden hinzieht. Wären es 20 Grad wärmer und ein paar Palmen reicher könnte man glatt meinen wir sind irgendwo in der Karibik gelandet.

Als wir an einem Abend die 7 Kilometer von Bodø zurück zu unserer Insel laufen, entdecken wir sie plötzlich: Nordlichter! Ein grüner Lichtstreif strahlt hinter dem Berg hervor und ist wie ein Zeichen aus einer anderen Welt. Wir können es kaum glauben. Doch so schnell wie sie da waren, sind sie auch schon wieder hinter den Wolken verschwunden. Es ist sehr ungewöhnlich bereits so früh Nordlichter in dieser Gegend zu sehen und wir sind um unser Glück sehr dankbar. 

Nach drei entspannten Tagen verlassen zieht es uns letztendlich doch wieder weiter und wir machen uns auf den Weg zur Fähre. Der Bus kommt erst in 30 Minuten, also versuchen wir es doch nochmal mit Trampen solange wir warten. Wir haben wie so oft Glück, denn O.J. hält an, kurz bevor der Bus kommt. Er fährt uns in die Stadt und erzählt uns auf dem Weg vom besten Kaffe in Bodø „You really have to try it if you have time“. Wir sagen, dass wir es uns überlegen werden. Sehr oft leisten wir es uns nicht Essen oder Trinken zu gehen (Norwegen ist immer noch eines der teuersten Länder der Welt und eine kleine Tasse schwarzes Gold kostet schnell 5 Euro, meistens erheblich mehr). Als er uns in der Innenstadt raus lässt drückt er Tobi 100 NOK in die Hand (ca. 10 Euro) und sagt wir sollen uns davon einen Kaffee in der Melkebaren gönnen. „I´m a Barista, please try the coffee!“. Damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet. Danke O.J. der Kaffee war tatsächlich super! Wir können das Gerücht, dass Norweger verschlossen und oftmals unfreundlich wirken absolut nicht bestätigen. Trampen hat uns bisher immer tollen Menschen näher gebracht und wieder einmal gezeigt, dass auf Klischees kein Verlass ist!

Der Kaffee ist top, die Atmosphäre in der Melkebaren stimmt und wir verlieren uns in Kaffeeduft und Onlinekram. Wer sich nach Bodø verirrt und Kaffee liebt, sollte auf jeden fall hier halt machen! Deshalb laufen wir dann auch etwas spät los und zudem noch zum falschen Fährhafen (wir haben am Vortag extra nachgefragt, wurden aber falsch informiert..) und müssen aufgrund dessen innerhalb von 10 Minuten über 1 km mit unserem kompletten Gepäck, bestehend aus 4 Rucksäcken und einer Umhängetasche mit Essen zum anderen Ende der Stadt hasten. Als letzte Passagiere schaffen wir es gerade noch so auf die Fähre Richtung Lofoten. Tobi grinst mich an als ich total fertig und außer Atem auf dem Autodeck stehe und wir langsam ausfahren - ganze 30 Sekunden nachdem wir an Bord gingen. „Krahlspezial“ par excellence.